Unter der Untersuchung des Missbrauchspotenzials wird die Prüfung einer neuroaktiven Substanz auf ihr Potenzial, missbräuchlich verwendet zu werden, verstanden.
Jedes verschreibungspflichtige Medikament hat das Potenzial zur missbräuchlichen Verwendung. Bei Medizinprodukten, die eine belohnende psychoaktive Wirkung wie Betäubung, Euphorie, Halluzinationen oder Stimmungswechsel hervorrufen können, wird davon ausgegangen, dass sie ein größeres Risiko bergen, zur Entspannung eingesetzt zu werden.
Anträge für die Zulassung neuer Medikamente, die das zentrale Nervensystem beeinflussen könnten, müssen daher eine Untersuchung ihres Missbrauchspotenzials enthalten.
Diese Untersuchung umfasst nicht nur Überlegungen hinsichtlich des Suchtpotenzials eines Medikaments, sondern eine Vielzahl weiterer Faktoren, die mit dem Potenzial zur Zweckentfremdung, zum Missbrauch und zur Ablenkung verbunden sind. Dazu können die therapeutische Indikation des Medikaments, die Verfügbarkeit und die Einfachheit der Synthese sowie das Potenzial für negative Folgen des Missbrauchs, wie Überdosierung oder Toxizität, zählen.
Um die Entscheidungen von Pharmaunternehmen, Regierungsbehörden, medizinischen Fachkräften und letztlich der Patienten, die das Produkt verwenden, zu leiten, ist ein umfassendes Informationspaket unentbehrlich.
Das Missbrauchspotenzial wird zunehmend bereits früh in der Entwicklung aufgegriffen, um eine sachgerechte Risikominderung zu ermöglichen. Eine potenzielle missbräuchliche Verwendung sollte bereits bei der Auswahl der Kandidaten berücksichtigt werden, um bei frühen klinischen Studien unerwartete Überraschungen zu vermeiden.
Evotec nutzt bei ihren Untersuchungsprogrammen für das Missbrauchspotenzial einen zweistufigen, integrierten Ansatz.
Zunächst wird die Verbindung pharmakologisch und pharmakokinetisch charakterisiert.
Im zweiten Schritt kann Evotec die am besten geeigneten Verhaltensstudien festlegen und durchführen, um aus verschiedenen Perspektiven das Missbrauchspotenzial einer Verbindung aufzudecken. Dazu zählt:
- Differenzierung der Verbindung, um die Ähnlichkeit mit bekannten, missbräuchlich verwendeten Wirkstoffen zu bestimmen
- Selbstverabreichung, um die verstärkenden Eigenschaften der Verbindung zu verstehen
- Konditionierte Platzreferenz als zusätzlicher Ansatz, die belohnende oder aversive Wirkung eines Wirkstoffs zu untersuchen
- Physische Abhängigkeit zur Analyse des Potenzials eines Wirkstoffs, Entzugssymptome zu verursachen